Hans Sattler – Der Herr der Hindernisse

Mit Anspannung verfolgt er das Turniergeschehen am Springplatz. Es macht den Eindruck, als ob Hans Sattler (58) selbst im Sattel sitzen würde. Der Fachmann aus Hatten bei Hude in Weser-Ems ist als Parcourschef für den Aufbau der Hindernisse verantwortlich und kann mit seiner Leistung über den Erfolg eines Reiters, aber auch über den eines ganzes Turniers, mit entscheiden.
„Ich muss mich beim Aufbau der Hindernisse immer wieder in Frage stellen. Sollte ich einmal nicht mehr das richtige Feeling mitbringen, dann bin ich out,“ schildert der erfahrene Parcourschef Hans Sattler die Schnelllebigkeit, die auch seinen Job beeinflusst. Von einem Pferdeberuf möchte er deshalb auch nicht sprechen, vielmehr wird man als Parcourschef vom Turnierveranstalter berufen und ist in der Regel ehrenamtlich tätig. Nur eine ganz geringe Anzahl von Etablierten kann vom Parcoursaufbau wirklich leben.
Vor gut 30 Jahren hat Hans Sattler Reitern das erste Mal Hindernisse sozusagen in den Weg gestellt. „Nach meiner Bundeswehrzeit musste ich mich entscheiden, ob ich von der Reiterei leben oder einen anderen Berufsweg einschlagen wollte,“ erinnert er sich. Als erfolgreicher Turniersportler bis zur Klasse S gab er mit 22 Jahren erstaunlicherweise die Reiterei auf und begann eine kaufmännische Lehre. Dazu bildete er sich an der Abendschule weiter und holte die Mittlere Reife nach.
     
„Wenn ich Entscheidungen treffe, dann bin ich konsequent und habe damals noch nicht einmal meine Reitstiefel aufgehoben. Ich hatte den Weg des Kaufmanns eingeschlagen und mich voll auf meinen Beruf konzentriert. Da aber meine Geschäftskunden von meiner Verbundenheit zur Reiterei wussten, bin ich aus Zufall gefragt worden, ob ich nicht mal bei einem Turnier die Hindernisse aufbauen wollte,“ schaut Hans Sattler zurück. Aus Spaß hat er zu gesagt und dabei überzeugt. So kam der berühmte Stein ins Rollen und für Hans Sattler bekam der Parcoursaufbau eine Eigendynamik.
Vor drei Jahrzehnten sahen die Hindernisse mehr oder weniger alle gleich aus: Meist bestimmten die Farben Schwarz und Weiß den Gesamteindruck, dazu gab es eine Mauer meist in schlichtem Grau oder Rot. Die Optik des Parcours wirkte so eher langweilig. Es gab also eine Menge zu tun auf den Turnierplätzen, und Hans Sattler ging mit viel Engagement und Einfallsreichtum an seine Aufgabe. Bald bemerkten die Veranstalter, dass sich etwas änderte und wurden so auf den neuen Stil des aufstrebenden Hindernisbauers aufmerksam.
Seit drei Jahrzehnten beschäftigt sich Hans Sattler in den unterschiedlichsten Bereichen mit dem Parcoursaufbau. „Es ist ein anstrengender Job, wenn man das ganze Wochenende unterwegs ist und oft 14 Stunden im Stück arbeiten muss.“ Aber bei jedem Turnier stellt sich für ihn wieder der Nervenkitzel ein, den er bis heute nicht missen möchte. Mit Akribie geht er an den Aufbau und versucht, „dabei auch an das Wohl des Pferdes zu denken.“ Alles muss auf die jeweiligen Standortbedingungen einer Veranstaltung angepasst werden.
     
Wohl gemerkt hat Sattler sein Tätigkeitsfeld lange Jahre nur nebenbei betrieben, und auch heute könnte er davon allein nicht leben. Aus der Not, dass es kaum ansprechende Hindernisse gab, hat Sattler eine Tugend gemacht, indem er einfach selbst welche entworfen hat. Um seinen Vorstellungen von aufwändigeren Hindernissen auch gerecht werden zu können, lernte er zusätzlich noch ein neues Handwerk und machte sich 1990 mit einer Tischlerei selbstständig. In seinem Betrieb dreht sich alles um Parcourshindernisse, die sich mittlerweile auf den Turnierplätzen Deutschlands aber auch darüber hinaus etabliert haben. Mit Kreativität und Einfallsreichtum entwickelte Hans Sattler ein ganz neues Baukastensystem für die Herstellung von Hindernissen.
Aber der engagierte Geschäftsmann entdeckte noch eine weitere Marktlücke: eine fehlende Software für Parcoursbauer. Um die Planung und den Aufbau eines Parcours auf dem Computer simulieren zu können, verbrachte er unzählige Stunden in seinem Büro und tüftelte an einem Computerprogramm. Mit Erfolg. Eine weitere Einnahmequelle war gesichert.
Zusätzlich zum Alltagstagsgeschäft zieht es ihn vom nahe gelegenen Rastede, wo in jedem Jahr das Landesturnier Weser-Ems stattfindet, über die Euroclassic in Bremen, den Frankfurter Hallenturnier, - bis hin zu den Weltreiterspielen in Aachen.
Seit 4 Jahren ist er für die Parcours beim jährlichen CSI-V Veteranen-Jumping-Riders (VJR-Turnier) in Karlsruhe-Durlach verantwortlich. So auch in diesem Jahr, wo vom 15.-18.06. 2006 die Europameisterschaften der Veteranen Springreiter und der Europameisterschaft der Veterinäre im Springreiten in Karlsruhe-Durlach ausgetragen werden.